|
|
|
|
|
|
|
|
|
Schönau 1
|
Henri Vouaux
Geboren 1924
Beruf: Landwirt in Frémenil
Holzfällerkommando Schönau
im Odenwald
|
|
Damals im Jahr 1944 habe ich bei einem
Patron, einem Landwirt in Reclonville gearbeitet (als Arbeiter). Ich
bin dann mit meinem Patron, er hieß Auguste Masson, zusammen
verschleppt worden.
Meine Familie wohnte im Nachbardorf Ogéville. Alle Einwohner von
Reclonville sind mit den Tieren aus den Ställen nach Ancerviller
getrieben worden.
Dort musste ich mit den anderen Männern des Dorfs Gräben
ausheben.
Dann wurden wir nach Heidelberg verschleppt.
Als ich hierher nach Heidelberg kam, war ich
20 Jahre alt. Wir kamen nach Schönau in eine Baracke. Mein
ehemaliger Patron war mit mir im Raum.
Wir haben versucht Forellen zu fangen... wir gingen den Weg entlang und
hatten Fische dabei, die sich bewegten. Und der alte Kilian, der
Forstwart, der unser Chef war, hat das gesehen... Oh mein Gott, was hat
der geschrien. Das war verboten. Wir hatten eine kleinen Haken mit
einer Schnur, was man an einem Holzstab befestigt hat.
F: War das der Bach, wo
man sich gewaschen hat?
Ja, ja. Aber er ging damals hinter der Baracke vorbei, er wurde durch
den Obstgarten geleitet..
Blick auf das Forsthaus
(links) und die neue Gerätehalle, daneben rechts Richtung Obstgarten stand damals die Baracke. Das ehemalige Bachbett
ist im Rasen noch zu ahnen.
|
F:
Erinnern Sie sich an Kontakt mit Einwohnern?
Nein, wir blieben hier, wir arbeiteten im Wald. Man holte die Suppe im
Gasthaus, und man nahm sie mit in den Wald mit einem Karren.
Die Suppe bestand nur aus Wasser, nicht allzu viel Kartoffeln, es war
nichts drin.
F. Woraus bestand die
Arbeit?
Wir haben immer im Wald gearbeitet, mit der großen Säge
gearbeitet, immer zwei zusammen an der Säge, um Bäume zu
fällen und zu verkleinern. Und dann hat man das Holz von oben bis
nach unten transportiert. Immer die gleiche Arbeit.
F : Aber manchmal haben
Sie auch die Straßen freiräumen müssen…
Oh nicht oft.Das war zu einem bestimmten Zeitpunkt. Da gingen wir
manchmal, aber nicht oft war das.
F: Können Sie von dem tödlichen Unfall erzählen?
Mit dem dicken Karl ? Ja, also wir fällten einen Baum, der dicke
Karl war mit uns zusammen… Und da hängte sich der Baum in den
anderen fest, er ist nicht zu Boden gefallen. Ich habe gesagt : «
Wir drehen ihn ein wenig mit Holzstücken. » Der Karl, der
wollte das nicht, und sagt : « Wir holen ihn herunter ! »
Ja und dann haben wir ihn heruntergeholt, es waren viele dazu da, der
Baum ist heruntergestürzt, er hat den Mann niedergemäht… Und
daneben stand ein Franzose, den hat es gestreift. Ihm wurden die Rippen
gebrochen. Wir haben ihn in die Baracke transportiert, er kam dann ins
Krankenhaus, glaube ich.
F : Was die Schuhe
betrifft, haben Sie auch Holzsohlen gehabt ?
Nein, keine Holzsohlen, ich habe große Schuhe gekriegt.
F : Keine anderen
Kleidungsstücke ?
Nein, überhaupt nichts.
F : Was konnte man
während der Razzia [in Ancerviller] mitnehmen ?
Ich hatte von zu Hause an Kleidung mit : Hosen, Hemden, einen
Pullover, auch zu essen für zwei Tage.
|
Auf Einladung der Evangelischen
Landeskirche Badens besuchte Henri Vouaux 2004 den Ort seiner
Zwangsarbeit: Schönau.Die Förster der Pflege Schönau hatte für diesen Besuch
ein kleines Programm gestaltet. Dazu gehörte eine Kaffeetafel
mitten im Wald direkt neben der Stelle des Waldstückes, das die
Franzosen damals abholzen mussten.
Es heißt heute noch "Franzosenschlag".
Herr Vouaux (links) mit Herrn Bianchi und
einem der Förster (in der Mitte) am "Franzosenschlag".
|
Henri Vouaux und André Ledoux an der Stelle der ehemaligen
Baracke neben dem Forsthaus in Schönau.
|
André Brogé
Geboren in Brouville
|
Forsthaus Schönau |
Verschleppung
Wir waren für mehrere Tage in Heidelberg, dann gab es eine
Aufteilung, ich bin nach Schönau gekommen,wir waren etwa zu
zwanzig. Dann haben wir im Wald gearbeitet, wir haben fehlende
Handarbeiter ersetzt. Sie waren korrekt zu uns...
Aber keine Kleidung gab es, wir hatten nichts. Ich bin mit meiner
Unterwäsche auf der Haut fortgegangen und ohne Socken, ich
arbeitete damals gerade in einer Bäckerei.
F: Sie haben in Brouville
gewohnt?
Ja, in Brouville. Wir sind von Brouville nach Ancerviller gebracht
worden und von dort sind wir wegtransportiert worden vor den
herannahenden Amerikanern. Wir sind insgeamt 600 gewesen, 600 aus dem
ganzen Sektor, von fast allen Dörfern. In Brouville gab es nicht
so viele Männer, das waren nur etwa 20 aus Brouville. Aber da in
Schönau waren wir mit Leuten aus Ogéviller, Ancerviller,
Reclonville zusammen. Ich glaube wir waren 21.
|
F: Und wie war die Razzia, durch Soldaten?
Das waren deutsche Soldaten, die uns weggeführt haben. Sie haben
uns um 6 Uhr morgens geholt, es gab keine Probleme dabei. Wir
haben zu Fuß nach Avricourt gehen müssen und dort haben sie
uns in Güterwägen gesteckt bis nach Heidelberg. Wir sind dort
bei Heidelberg während eines Luftalarms über dem Rhein
gestanden. Dann haben sie uns in eine Art Kloster in Heidelberg
gesteckt. Und danach war die Aufteilung. Es gab Vertreter von
Forstämtern, die uns aussuchen konnten.
Eine Art Baracken, Holzbaracken, wir waren in drei Bauwerken, 20 km von
Heidelberg.
Wir haben die ganze Zeit in der Ecke gearbeitet, sechs Monate.
Wir hatten einen Vorarbeiter, der war nicht schlecht. Er hieß
Ludwig Kilian, ein älterer Mann. Er war ziemlich vernünftig,
hat uns nicht misshandelt. |
Ernährung/ Lebensverhältnisse
F: Und die Ernährung?
Ach das war eher traurig.
F: Haben Sie bei Bauern
arbeiten können?
Nein, nein, wir sind im Lager geblieben. Wir sind beim Arbeitsamt
gewesen, haben mehrmals reklamiert werden der Kleidung, aber das hat
nicht geholfen.
F: Was hat man sonntags
gemacht?
Die Sonntag war man da, ruhte aus, wir machten nichts, wir machten
unsere Wäsche...
Wir hatten Wasser, ein Bach floss hinter unserer Baracke vorbei. In der
Baracke gab es kein Wasser.
F: Konnte man Feuer machen?
Es gab einen Herd für alle. Wenn man sich hinlegte, hatte man
keine Matraze, da war nichts. Wir hatten dafür Farn gesucht,
solche Sachen...
F: Sie haben keine
Strohsäcke gehabt?
Nein, das waren nur Stockwerksbetten, nur die Bretter, die Bretter und
dann hatte man Drahtgitter. Wir hatten Feuer in dem Herd, womit wir
unsere Wäsche machen konnten.
F: Aber gekocht hat man da
nicht?
Nein, das hat man im Restaurant geholt, das heißt sie hatten mich
als „Koch“ eingesetzt, um für das Essen zu sorgen. Also ging
man von dem Gendarmen begleitet mit einem kleinen Wagen, man ging
das Essen holen in einem „Gasthaus“, wo es für uns zubereitet
wurde. Das war nicht schlecht, der Wirt war ein schicker Typ. Die Suppe
enthielt viel Flüssigkeit und viele Rüben, dann gab es eine
kleine Portion Margarine mit Brot.
F: Kein Fleisch?
Fleisch gab es nicht viel. Es gab auch Schnecken, aber wir konnten sie
nicht zubereiten.
F: Gab es Krankheiten?
Es gab eine Person, die richtig krank war, er hatte gebrochene Rippen.
Sie haben ihn nicht gut gepflegt. Wir mussten den Pfarrer
benachrichtigen, der Lehrer, unser Dolmetscher, hat das gemacht, dass
wir uns beklagt haben, dass sie ihn nach Heidelberg bringen. Er lag
drei Tage da in der Baracke. Jemand musste sich um ihn kümmern,
während wir zur Arbeit gingen. |
F: Was das ein Unfall?
Ja, ein Unfall. Das war sieben Tage, bevor sie kamen, um ihn
wegzubringen. Er ist schon gestorben jetzt. Damals ist er nach
Frankreich heimgekehrt.
F: Aber es gab keine
Krankheiten wegen des Winters?
Nein, nein, wir waren ziemlich abgehärtet, das ist ein Wunder, ja.
Mehr kann ich ihnen nicht sagen. – Sie sind von Mannheim? Ich war in
Mannheim, wir sind dorthin verlegt worden nach der Befreiung, in
Käfertal, da waren wir eher schlecht untergebracht. Die Amerikaner
haben uns in einer Art Kaserne untergebracht. Dann waren wir auch
mehrere Tage in Hockenheim in einer Zigarrenfabrik. Es gab Zigarren,
Zigarren, aber es gab auch viele Wanzen, das war nicht lustig.
F: Sind Sie einmal
zurückgekehrt?
Nein, ich habe mir immer gesagt: Ich ich werde einmal wiederkommen,
aber es ging nicht... Ich war damals 17, einer der jüngsten.
F: Wie waren die
Beziehungen untereinander?
Sehr kollegial. Unter uns war ein Lehrer mit deportiert worden, der uns
einige Worte Deutsch beibrachte. Der „Dolmetscher“.
F: Wie hieß er?
Arthur. Er war älter. Aber wir hatten einen unter uns, der sogar
57 Jahre alt war, weil sein Sohn mit bei uns war.
F: Und Sie?
Ich hatte meinen Bruder bei mir, er war [später] Gendarm, ist
schon gestorben. Er war 21 Monate älter als ich. Ich hatte es gut,
denn es gelang ihm, mir etwas zu essen zu geben, er machte alles
für mich...
Mehr kann ich nicht sagen.
|
Marcel Pelte
Beruf: Waldarbeiter
|
Von Geburt bin ich Lothringer, ich wurde in den Süden Frankreichs
vertrieben, in die Drôme, und vom Departement Drôme bin ich
zurückgekehrt nach Ancerviller. Denn dort wohnten meine
Großeltern, und von da bin ich mit den Männern des Dorfes im November
1944 nach Deutschland verschleppt
worden. |
Verschleppung
F: Haben Sie auch
Gräben bauen müssen?
Ja in Ancerviller, wie alle jungen Männer des Dorfes. Und dann die
Razzia, die geschah eines Morgens: Sie sind ins Dorf gekommen und haben
alle Männer zwischen 16 und 45 geholt.
F: Sie waren einer der
jungen.
Ja, der jüngste der Gruppe in Schönau, in der Baracke,
da in Deutschland, waren wir etwa 20.
F: Erinnern Sie sich noch an den Transport?
Von Ancerviller haben sie uns zu Fuß nach Badonviller
geführt, von Badonviller nach Hemigen, und dort sind wir in den
Zug verladen worden. Das dauerte mehrere Tage, das ging nicht so
schnell, denn es gab amerikanische Flugzeuge, die hin und wieder kamen. |
F: Hatte man in Ancerviller Zeit genug gehabt, um sich Proviant zu
verschaffen?
Nicht viel, danach haben sie uns in der Glasfabrik von Scais schlafen
lassen, wo man sich versammelt hatte.
F: Waren Sie mit
Verwandten zusammen?
Nein, aber mit Freunden, das ganze Dorf. In Heidelberg hat man jedem
ein Etikett gegeben, das sie uns an einem Jackenknopfloch befestigt
haben.
F: War das eine Nummer?
Eine Nummer, und dann ging es nach Schönau. |
Arbeit in Schönau
F: Und die Arbeit?
Man machte Holz, die Stämme, Holz zum Heizen, wir fällten
Bäume. Es gab keine Entrindungsmaschinen, wir hatten Beile und die
große Säge.
F: War der Weg zur Arbeit
weit?
Zwei, drei Kilometer in die Berge.
F: Und die ganze Gruppe
war zusammen?
Es gab welche, die die Bäume fällten, es gab andere, die sie
auf die Wege brachten.Und weil das in den Bergen war, haben wir das
alles von Hand gemacht. Wir zogen das Holz, wir rutschten es im
Schnee...
F: Haben Sie
Arbeitskleidung bekommen?
Nein, überhaupt nicht. Es gab eine Person, die uns von Zeit zu
Zeit etwas gab, aber das war kaum etwas außer den Schuhen, das
waren so Schlappen mit Holzsohlen.
F: Und keine Mäntel?
Nein, es war kalt, man musste eben arbeiten.
F: Gab es keine
Erfrierungen an den Füßen?
Das hing davon ab, es gab Personen, die mehr oder weniger gesund waren
und es gab welche mit Erfrierungen.
F: Für Sie war das
nicht so schlimm?
Wenn man jung ist, dann macht man sich das nicht so bewusst, die
Älteren machten sich mehr Sorgen als wir, vor allem um ihre
Familien, von denen sie nichts wussten.
F: War es für Sie
auch ein wenig ein Abenteuer?
Ja so ist es. Wenn man allein gewesen wäre, wäre es
härter gewesen, aber da wir zwanzig waren, fand sich immer einer
der einen moralisch aufrichtete.
F: Verstanden Sie sich
gut, gab es Konflikte?
Nein, in der Gruppe gingen alle gut miteinander um. Wir teilten alles.
Es gab jeden Tag vier, die beauftragt waren, das Essen zu holen...
F: Und sonst ging man
nicht in den Ort?
Nein, nein.
F: Was haben Sie am
Sonntag gemacht?
Wir blieben in der Baracke, wir schliefen, wir waren müde.
F: Und an den Abenden auch?
Ja, wir sind sehr früh schlafen gegangen.
F: Haben Sie keine Kontakte mit den Deutschen aus Schönau gehabt?
Praktisch nicht. Außer an Weihnachten, da haben sie uns in die
Messe geführt, das war alles, das war das einzige Mal.
F: Da war die ganze Gruppe in der Kirche?
Ja, sie haben uns dort hingeführt.
|
F: Wussten Sie dass es
noch Vogesengruppen in der Nachbarschaft gab?
Ja. Es gab eine Gruppe oben auf dem Berg und eine im benachbarten Dorf,
das war weiter weg, also zwei Gruppen waren da.
F: Haben Sie die besucht?
Einmal waren wir auf dem Berg oben, sonst nicht.
F: Und in Heidelberg?
Ja, das heißt: Maxime Beaussett ist nach Weihnachten weggegangen
in eine Dorf. Ich glaube er hat in einer Schreinerei gearbeitet und wir
haben in einmal dort besucht.
F: Es gab einen Unfall...
Das war Herr Dieudonné, er ist verletzt worden, aber ein
Deutscher ist bei dem gleichen Unfall gestorben, das war der einzige
Unfall
F: Hat man nicht nach dem Beruf gefragt?
Nein, nein, das war, damit wir im Wald arbeiten sollten. Mit uns war
ein Lehrer, der auch im Wald arbeitete. Sie müssen wissen, als wir
da waren, hatten wir drei Bewacher, das war alles. Wir waren in einer
Holzbaracke einquartiert, das war auf einem Gelände mit einer
Mauer herum, abgeschlossen. Es war eine Holzbaracke, wo man aß,
wo man schlief.
F: Gab es eine Toilette
darin?
Nein, nein. Wir waren mitten im freien Felde, Wir gingen Wasser holen
bei einer Quelle, die 100 Meter von der Baracke entfernt lag.
F: Aber das war nicht
bewacht?
Aber es war die Gendarmerie gerade gegenüber, ein Gendarm wohnte
da, der uns überwachte. Da war ein Haus.
Haus des Polizisten oberhalb der Baracke.
|
Ernährung
F: War eine Küche in
der Baracke?
Nein, keine Küche.Wir holten das Essen in einem Restaurant, das im
Ort lag, in Schönau. Wir holten für die ganze Gruppe das
Essen in einem großen Topf, dann wurde verteilt, für den
Tag, am Abend.
F: War das schon
warmgemacht?
Ja das war warm. |
F: Am Morgen gab es nichts?
Nein, nichts, keinen Kaffee, die Trockenverpflegung (Brot, Margarine).
Für das Mittagessen nahm man alles in den Wald mit. Im Wald
aßen wir in einer Baracke, da war eine Baracke aus Segeltuch.
Wissen Sie, das waren Winter, harte Winter, sehr kalt mit Schnee. |
|